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>Kündigung< >Kündigungsschutz< >Kündigungshindernisse< >Personenbedingte Kündigung< >Verhaltensbedingte Kündigung< >Betriebsbedingte Kündigung< >Änderungskündigung< >Aufhebungsvertrag< >Abfindung<
Inhalt dieser Seite
▫ Orientierung im Themenbereich Kündigung
▫ Abgrenzung zu den anderen Kündigungsgründen
▫ Ordentliche oder außerordentliche personenbedingte Kündigung
▫ Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit
▫ Anforderungen an eine personenbedingte Kündigung
▫ Einzelfall: Krankheit
▫ Einzelfall: Alkoholabhängigkeit
▫ Einzelfall: Mangelnde Eignung
▫ Sonstige Gründe für eine personenbedingte Kündigung
Orientierung im Themenbereich Kündigung
Diese Seite des Themenbereichs Kündigung befasst sich im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes für Arbeitnehmer mit der Kündigung aus personenbedingten Gründen.
Arbeitnehmer genießen einen allgemeinen Kündigungsschutz, wenn in dem jeweiligen Betrieb der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Dieser ist abhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer, welche in dem Betrieb beschäftigt werden. In sog. Kleinbetrieben greift der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht. Ausführliche Hinweise zum Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz finden Sie auf der Seite “Der Kündigungsschutz”.
Bestimmte Personengruppen können über den allgemeinen Kündigungsschutz hinaus einen erweiterten Schutz, der auch Sonderkündigungsschutz genannt wird, geltend machen. Erläuterungen dazu finden Sie auf der Seite “Die Kündigungshindernisse”.
Arbeitsverhältnisse können ordentlich (fristgemäß) oder außerordentlich (fristlos) gekündigt werden. Die Unterscheidung zwischen ordentlicher (fristgemäßer) Kündigung und außerordentlicher (fristloser) Kündigung ist auf der Seite “Die Kündigung” näher erläutert. Dort finden Sie auch Hinweise zu den maßgeblichen Kündigungsfristen bei der ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung sowie den formalen und inhaltlichen Anforderungen an die Kündigungserklärung.
Eine Kündigung kann als Beendigungskündigung oder als Änderungskündigung ausgesprochen werden. Die bei einer Änderungskündigung zu beachtenden Besonderheiten sind auf der Seite “Die Änderungskündigung” erklärt.
In Betrieben mit einem Betriebsrat muss der Arbeitgeber eine Anhörung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Kündigung durchführen. Einzelheiten dazu finden Sie auf der Seite “Die Anhörung des Betriebsrats vor Kündigungen” im Themenbereich Betriebsrat.
Abgrenzung zu den anderen Kündigungsgründen
Bei den Kündigungsgründen wird gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG (Text § 1 KSchG. Externer Link) zwischen personenbedingten, verhaltensbedingten und betriebsbedingten Gründen unterschieden. Erläuterungen zu den verhaltensbedingten und betriebsbedingten Gründen erhalten Sie auf den Seiten ”Die verhaltensbedingte Kündigung” und ”Die betriebsbedingte Kündigung”.
Die betriebsbedingten Gründe liegen in der Sphäre des Arbeitgebers, während die personenbedingten und verhaltensbedingten Gründe in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.
Den Unterschied zwischen personenbedingten und verhaltensbedingten Gründen kann man wie folgt verdeutlichen: Bei personenbedingten Gründen kann der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen (keine vorwerfbare Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten), während er bei verhaltensbedingten Gründen seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen will (vorwerfbare Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten). Die Unterscheidung zwischen nicht Können und nicht Wollen ist wesentlich für die Frage, ob vor Ausspruch einer Kündigung eine vorherige Abmahnung erforderlich ist. Will ein Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen, ist eine vorherige Abmahnung als milderes Mittel gegenüber der Kündigung grundsätzlich geeignet, eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Wenn ein Arbeitnehmer, z. B. durch körperliche Einschränkungen, seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann, hilft auch keine vorherige Abmahnung weiter. Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitnehmer noch die Möglichkeit hat, seine Eignung in einem angemessenen Zeitraum noch selbst herbeizuführen (z. B. Behebung fehlender Sprachkenntnisse durch Belegung eines Sprachlehrganges). Ohne vorherige Abmahnung würde der Arbeitgeber in diesem Fall gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.
Die personenbedingte Kündigung ist keine Sanktion, sondern eine zukunftsbezogene Maßnahme, um betrieblichen Beeinträchtigungen zuvorzukommen.
Ordentliche oder außerordentliche personenbedingte Kündigung
Die personenbedingte Kündigung kommt als ordentliche fristgemäße Kündigung oder als außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist, welche der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht (z. B. bei tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern) in Betracht (zur Unterscheidung vgl. die Seite ”Die Kündigung”).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine personenbedingte Kündigung wirksam oder unwirksam ist, sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim Arbeitnehmer. Die spätere tatsächliche Entwicklung kann nicht mehr zur Begründung der Kündigung herangezogen werden.
Anforderungen an eine personenbedingte Kündigung
- Verlust der Befähigung oder Eignung (Negative Prognose)
Die personenbedingte Kündigung setzt zunächst voraus, dass der Arbeitnehmer objektiv die Befähigung oder die Eignung zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung verloren hat. Der Arbeitgeber stellt dies gegebenenfalls in Form einer negativen Prognose fest (insbesondere bei einer Kündigung wegen Krankheit). Dabei kommt es auf die objektive Situation im Zeitpunkt der Kündigung an. Auf den Kenntnisstand des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Kündigung und die spätere Entwicklung kommt es nicht an. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Nachforschungen vorzunehmen. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen. - Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
Die betrieblichen Interessen müssen durch Störungen im Betriebsablauf (z. B. durch Fehlzeiten) oder durch wirtschaftliche Belastungen erheblich beeinträchtigt sein. - Kein milderes Mittel (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz)
Der Verlust der Befähigung oder der Eignung zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung reicht alleine nicht aus, eine personenbedingte Kündigung zu begründen. Vielmehr hat der Arbeitgeber unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ihm zumutbare Maßnahmen zu ergreifen mit dem Ziel, eine personenbedingte Kündigung möglichst zu vermeiden. Die Störungen dürfen nicht durch ein milderes Mittel behebbar sein.
Der Arbeitgeber hat z. B. zu prüfen, ob der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz weiterhin beschäftigt werden kann. Das bezieht sich zunächst auf freie Arbeitsplätze. Gegebenenfalls ist ein leidensgerechter Arbeitsplatz frei zu machen oder gar erst zu schaffen, was freilich nicht in jedem Betrieb praktisch möglich sein wird. Es kommen auch geänderte Arbeitsbedingungen, ggf. mit einer geringeren Entlohnung in Betracht. Im letzteren Fall müsste der Arbeitgeber eine Änderungskündigung (vgl. die Seite „Die Änderungskündigung„) aussprechen, falls keine Einigung mit dem Arbeitnehmer möglich sein sollte.
Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen hat der Arbeitgeber vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung ein sog. betriebliches Eingliederungsmanagement „BEM“ durchzuführen. Dabei werden auf Arbeitgeberseite häufig Fehler gemacht, die zum Unterliegen im Kündigungsschutzprozess führen. Das Erfordernis des BEM gilt für Betriebe jeder Größe (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 47/17 -) und ist in § 167 Absatz 2 SGB IX (Text § 167 SGB IX. Externer Link) geregelt (früher in § 84 SGB IX, auf den gerichtliche Entscheidungen bis zur Änderung des Gesetzes Bezug nehmen). Entgegen der systematischen Einordnung im Gesetz ist das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht nur vor personenbedingten Kündigungen von Schwerbehinderten durchzuführen, sondern generell bei allen Arbeitnehmern, denen eine personenbedingte Kündigung droht. Unterlässt in einem Betrieb mit allgemeinem Kündigungsschutz der Arbeitgeber das betriebliche Eingliederungsmanagement, führt dies jedoch nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der personenbedingten Kündigung. In einem eventuellen Kündigungsschutzprozess führt das Unterlassen des betrieblichen Eingliederungsmanagements jedoch zu einer erhöhten Darlegungslast des Arbeitgebers. Er kann sich nicht pauschal darauf berufen, dass ihm keine alternativen der Erkrankung angemessenen Einsatzmöglichkeiten bekannt seien (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06 -). In sog. Kleinbetrieben ohne allgemeinem Kündigungsschutz (vgl. die Seite „Der Kündigungsschutz„) hat die Unterlassung des BEM jedoch keine negativen Folgen für den Arbeitgeber in einem eventuellen Kündigungsschutzprozess, weil Arbeitnehmer dort vor personenbedingten Kündigungen nicht geschützt sind. Entsprechendes gilt für Betriebe mit allgemeinem Kündigungsschutz in den ersten 6 Monaten eines Arbeitsverhältnisses, weil der allgemeine Kündigungsschutz erst nach Ablauf von 6 Monaten einsetzt. Grundsätzlich entbehrlich ist das BEM, wenn für eine personenbedingte Kündigung von Schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Arbeitnehmern die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich ist, weil das Integrationsamt Beschäftigungsalternativen prüft (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. November 2014 – 2 AZR 664/13 -). Sollte das ausnahmsweise mal nicht der Fall sein, wäre ein BEM erforderlich! Arbeitgeber, die sicher gehen wollen, sollten auch in Fällen, in denen das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung erteilen muss, ein vorheriges BEM durchführen. Die Ergebnisse des BEM können dann dem Integrationsamt mitgeteilt werden. - Umfassende Interessenabwägung
Bei der Interessenabwägung – die umfassend zu erfolgen hat – ist zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass er sich nichts hat zu Schulden kommen lassen und der Arbeitsplatz noch vorhanden ist. Es ist zu berücksichtigen, ob der Verlust der Befähigung oder Eignung durch die Arbeit für den Arbeitgeber erfolgte oder nicht. Im Übrigen sind die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter, Unterhaltspflichten und ggf. eine Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Auch kommt es darauf an, ob das Arbeitsverhältnis zuvor störungsfrei verlaufen ist.
Auf Arbeitgeberseite ist es erforderlich, dass die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigt sind. Sie müssen zu einer nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Sehr hohe Entgeltfortzahlungskosten und eine eventuell vorhandene Personalreserve fließen ggf. ebenfalls in die Interessenabwägung ein.
Einzelfall: Krankheit
Die häufigste personenbedingte Kündigung ist die Kündigung wegen Krankheit. Diese kann nach deutschem Recht – anders als z. B. in den Niederlanden – während der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden.
Es haben sich folgende Fallgruppen herausgebildet:
- Dauernde Arbeitsunfähigkeit,
- Lang andauernde Krankheit,
- Häufige Kurzerkrankungen,
- Leistungsminderung aufgrund Krankheit.
Bei Kündigungen wegen Krankheit gilt die oben dargestellte vierstufige Prüfung.
Ergänzend ist auf folgende Punkte gesondert hinzuweisen:
- Verlust der Befähigung oder Eignung (Negative Prognose)
Bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit ist in der Regel ab einem Zeitraum von 2 Jahren von dauernder Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Das Gleiche gilt, wenn bei Ausspruch der Kündigung nicht innerhalb von 2 Jahren danach mit einer anderen – positiven – Prognose gerechnet werden kann (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. November 2014 – 2 AZR 664/13 -). Diese Situation wäre z. B. gegeben, wenn die Deutsche Rentenversicherung eine auf mehr als 2 Jahre befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bewilligt. Im Einzelfall kann der für die Beurteilung maßgebende Zeitraum jedoch auch kürzer oder länger sein.
Bei häufigen Kurzerkrankungen ist bereits die Frage der erforderlichen negativen Prognose problematisch; denn es gibt keinen gesicherten Erfahrungssatz dahingehend, dass häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit sich auch in der Zukunft wiederholen. Deshalb müssen zusätzliche objektive Tatsachen (z. B. Kenntnis über die Art der Krankheit) vorliegen, die eine negative Prognose rechtfertigen. Fehlzeiten in der Vergangenheit lassen nur dann eine negative Prognose zu, wenn der Beobachtungszeitraum ausreichend lang ist, in der Regel drei Jahre (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Juli 2021 – 2 AZR 125/21 -). Ab einer Ausfallzeit von etwa 25% kann eine Kündigung gerechtfertigt sein. - Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit braucht der Arbeitgeber eine darüber hinausgehende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen nicht mehr darzulegen! Wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, ist schon aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis erheblich gestört. Die unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung besteht in diesem Fall darin, dass der Arbeitgeber mit einem dauernden Ausfall des Arbeitnehmers rechnen muss.
Ist der Arbeitnehmer bereits längere Zeit krank und ist im Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit noch völlig ungewiss, kann bereits diese Ungewissheit im Rahmen der Interessenabwägung zur Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Eine solche Ungewissheit soll dann einer feststehenden dauernden Arbeitsunfähigkeit gleichstehen.
Bei für den Arbeitgeber nicht vorhersehbaren Kurzzeiterkrankungen treten insbesondere Störungen im Betriebsprozess auf, die ab einer gewissen Häufigkeit eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen darstellen können. Dabei kann es auch zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung durch Entgeltfortzahlungskosten kommen.
Auch die krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers kann eine Kündigung rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt. Es führt jedoch nicht jede geringfügige Minderleistung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. - Kein milderes Mittel (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz)
Zunächst ist der Arbeitgeber gehalten, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen.
Bei lang andauernder Krankheit kommen personelle Überbrückungsmaßnahmen in Betracht, soweit diese dem Arbeitgeber zumutbar sind.
Bei Kurzzeiterkrankungen kommen personelle Überbrückungsmaßnahmen eher nicht in Betracht, weil Arbeitgeber sich darauf selten kurzfristig einstellen können. In Betracht käme dies allenfalls bei größeren Betrieben, die eine Personalreserve vorhalten. - Umfassende Interessenabwägung
Bedeutsam ist hier, ob die Krankheit betriebliche Ursachen hat.
Zu beachten ist auch, dass die Interessenabwägung bei langer Dauer des Arbeitsverhältnisses und hohem Alter des Arbeitnehmers möglicherweise wegen besonders hoher Schutzbedürftigkeit zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen könnte.
Bei hohen Entgeltfortzahlungskosten ist zu prüfen, wie hoch die Ausfallquote bei anderen Arbeitnehmern mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen ist. Ist diese bei den anderen Arbeitnehmern auch hoch, haben die Entgeltfortzahlungskosten im Rahmen der Interessenabwägung ein geringeres Gewicht.
Bei der Leistungsminderung aufgrund Krankheit ist im Rahmen der Interessenabwägung genau zu prüfen, ob die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss. Eine von der krankheitsbedingten Leistungsminderung zu unterscheidende altersbedingte Leistungsminderung muss grundsätzlich vom Arbeitgeber hingenommen werden.
Einzelfall: Alkoholabhängigkeit
Bei einer chronischen Alkoholabhängigkeit (Alkoholsucht) gelten die Grundsätze für die krankheitsbedingte Kündigung. Hier ist zu beachten, dass bei Therapiefähigkeit und Therapiewilligkeit des Arbeitnehmers in der Regel ohne vorherige Therapie keine negative Prognose getroffen werden kann.
Einzelfall: Mangelnde Eignung
Mangelnde Eignung kann eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen. Sofern ein Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisungen zu lesen, kann eine ordentliche personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. Es stellt keine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnis der deutschen Schriftsprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Januar 2010 – 2 AZR 764/08 –).
Sonstige Gründe für eine personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte (nicht: verhaltensbedingte) Kündigung kommt auch in Betracht, wenn ein Arbeitnehmer aus Gründen, die keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben, eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt. Die Störung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer hier selbst zu vertreten. Dies ist im Gegensatz zur Krankheit bei den Anforderungen an Kündigungsgrund und Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Die Überbrückung einer Fehlzeit von mehr als zwei Jahren ist dem Arbeitgeber jedenfalls nicht mehr zuzumuten. In der Regel kann er den Arbeitsplatz neu besetzen (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. März 2011 – 2 AZR 790/09 –).
Wird die Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer auf Dauer rechtlich unmöglich, z. B. durch Entzug einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis oder einer Fluglizenz, rechtfertigt dies in der Regel eine personenbedingte Kündigung, weil der Arbeitgeber nicht dazu gezwungen werden kann, eine Arbeitsleistung unter Verstoß gegen gesetzliche Verbote anzunehmen.
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